Bürgerbeteiligung in Findorff – wie geht das eigentlich?
Im Stadtteil gibt es immer wieder Veränderungen, die sich direkt oder auch indirekt
auf die Bewohner*innen auswirken können. Dabei sind Maßnahmen zu
unterscheiden, bei denen man mitreden kann oder solche, die keine direkte
Mitwirkung zulassen.
Bürgerbeteiligung hat in Bremen eine lange Tradition: seit 1946 beraten
ehrenamtliche Beiräte in der Stadt Bremen über öffentliche Stadtteilangelegenheiten
und bestimmen diese zum Teil auch mit.
Bürgerbeteiligung findet in vielen öffentlichen Planungsvorhaben statt: ob beim
Neubau von Schulen, bei der Planung von Verkehrswegen, Wohnungen, Quartieren
oder Angelegenheiten die Kinder und Jugendliche berühren: immer da, wo
Bremerinnen und Bremer spielen, leben, lernen und arbeiten ist Mitbestimmung
gefragt.
Für eine optimale Bürgerbeteiligung hat der Senat am 13.11.2018 ein
„Leitbild und Kriterien der Bürgerbeteiligung in der Stadt Bremen“
beschlossen.
Bürgerbeteiligung findet auf der kommunalen Entscheidungsebene in der jeweils
angemessenen Form statt, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
• es besteht Einigkeit zwischen Beirat und verantwortlichem(n) Fachressort(s)
oder
• der Träger eines privaten Planungsvorhabens regt ein Beteiligungsverfahren
an, das von Beirat und Fachressort unterstützt wird, oder
• die Bürgerschaft und / oder der Senat fasst einen Beschluss dazu
Darüber hinaus sollen nachfolgende Kriterien gelten, die komplexe
Bürgerbeteiligungsverfahren erfordern:
• das Interesse von einer Vielzahl von Einwohnerinnen und Einwohnern oder
ein besonderes Interesse einzelner Stadtteile ist erkennbar oder
• eine Vielzahl von Einwohnerinnen und Einwohnern ist betroffen oder
• es handelt sich um große gesamtstädtische Vorhaben oder wegweisende
Zukunftsplanungen, die Ressourcen der Stadt auf viele Jahre binden.
Nun geht es aber nicht immer um die ganz großen Themen, über die man vorab in
Zeitungen oder im Fernsehen schon etwas gehört hat. Vielmehr sind oft nur Teile von
Anwohner*innen betroffen. Es ist auch nicht immer die Beiratssitzung, in der
Maßnahmen beraten werden, sondern Diskussionen finden vorab in den
Fachausschuss-Sitzungen des Beirates statt. Die Termine dieser Sitzungen stehen
auf der Veranstaltungsseite der Tageszeitung und auf der Homepage des jeweiligen
Ortsamtes.
In den Fachausschuss-Sitzungen beraten sich die Mitglieder der einzelnen
Fraktionen / Parteien untereinander. Häufig passiert das vor nur wenigen Gästen aus
dem Stadtteil. Wenn aber der Raum „aus allen Nähten platzt“ kann sich der
Ausschuss auf den Unmut der Gäste einstellen. Zuletzt war das am 20. August 2024
der Fall, als aus der Presse bekannt wurde, dass im Weidedamm III ein Areal von
ca. 8 x 75 Metern als „Hundefreilauffläche“ ausgewiesen werden sollte.
Anwohne*innen informierten sich gegenseitig und erschienen zur
Fachausschuss-Sitzung „Bau, Umwelt, Klima und Verkehr“. In einer hitzigen Diskussion wurden
Argumente ausgetauscht. Die teilnehmenden Gäste konnten am Ende einen
Teilerfolg erzielen:
– die Beschlussfassung über die Einrichtung der Fläche wurde ausgesetzt
– für den 30.08.2024 um 18 Uhr wurde eine Begehung des Areals vereinbart.
Welche Entscheidung am Ende getroffen wird, ist derzeit noch offen. Wichtig ist aber,
dass ohne die Mitwirkung der Anwohner*innen ein Beschluss gefasst worden wäre,
der nicht alle Argumente berücksichtigt hätte.
Ein weiterer positiver Effekt ist, dass einige Anwohner*innen erst durch eigene
Betroffenheit erfahren, welche Aufgaben der Stadtteilbeirat hat. Der vom Ortsamt
West betreute Beirat Findorff beschäftigt sich natürlich nicht nur mit Themen, die den
Unmut der Bürger*innen hervorrufen. Die Tagesordnungen sind vielfältig und
interessant für die Gäste.
Zur Erinnerung:
In der Stadtgemeinde Bremen werden zur Wahrnehmung örtlicher Angelegenheiten
22 Beiräte gewählt. Es sind Stadtteilparlamente mit eingeschränkten
Entscheidungsmöglichkeiten und eigenen Haushaltsmitteln für stadtteilbezogene
Maßnahmen. Hintergrund ist, dass die kommunale Vertretung, die Stadtbürgerschaft,
aus den stadtbremischen Abgeordneten des Landesparlaments, der Bremischen
Bürgerschaft, besteht und keine Volksvertretung wie z. B. in den Stadtstaaten Berlin
oder Hamburg auf der Bezirksebene existiert.
Birgit Busch